Ollendorf - Erinnerungen und Bilder meiner Kindheit 1930 bis 1937

Artikel-Nr.: 978-3-86777-195-5

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146 Seiten, Festeinband mit 25 Fotos und 3 Zeichnungen.

    Inhalt:

Einleitung    6    
Ollendorf und die Zeiten    9
    Zur Waidwirtschaft    13
    Hohe Straße    15
    Niedergang der Hohen Straße    17
    Faktum „Landflucht“    18
    Unser Zuzug    22
    Bilder meiner kleinen Welt    23
    Unverstandene Bilder    26
    Die gute Stube    27
    Die Küche    29
    Hausflur und Keller    35
    Die Kammer    37
    Haarschneiden, Schmutzern, Taubenbraten    38     Ausfahrten    42
    In Krautheim    43
In Roldisleben    45
    In Großrudestedt    46
    Probleme    47
    Mit Kalb’s Bus    50
    Unsere Straße    55
    Nachbarn    56
    Muskochen    57
    Händler, Stelzenläufer und Anderes    61
    Schicken    62
    Fastnacht    62
    Dreschen    63
    Die Zigeuner    64
    Der Kindermantel    65
    An- und Ausbau    66
    Die „Stromer“    68
    Die neuen Schlafkammern    70
    Tante Rotjo    71
    Hof und Garten    72
    Meine Spielecke    73
    Und nicht nur die Spielecke    75
    Feste und Feiern    77
    Weihnacht    77
    Ostern    81
    Kirmes    81    Erntedankfest und 1. Mai    83
    Die Werkstatt    84
    Unser Feld    87
    Beim Schützenhaus    87
    Kartoffelhacken und der Zeppellin    89
    Die Strohfuhre    89
    Hochsteins Mühle    91    
    Backtag, Backhaus    93
    Mein Lederkoppel    95
    Schlachten, Federschleißen, Marktverkauf    96
„Visite“ und Besuche    99
Wiener Torte und Schokolade    100
    Das Hochzeitsbild    103
    Fußball, Spinnstube, Landfilm    104
    Marianne    106
    Das Radio    111
    Volksschule     112
    Sütterlinschrift, Schiefertafel und -kasten    116
    Mandel-OP im Weimarer Sophienkrankenhaus    119
    Bruchlandung beim Dorf    121
    Niedergang des Geschäfts     122
    Bau des Fliegerhorstes Nohra    124
    Eine Rauferei    126
    Arbeit im Fritz Sauckelwerk Weimar    128    Unser Wegzug    129
    Noch Kontakte nach Ollendorf    130
    Wiedersehen bzw. Erfahrungen nach langer Zeit    133
    Nachsatz    144
Fußnoten    145

Einleitung:
Einleitung

Legenden zu Fotos sollten aufgeschrieben werden, bevor die Erinnerung verblasst. Schrift gibt sie unbegrenzt weiter, aber sie braucht heute wie einst: Zeit, Muse, Ausdrucksfähigkeit und natürlich interessierte Leser. Je leichter und in jeder Menge sich heute fotografieren oder filmen lässt, umso mehr ist in unserer schnell lebigen Zeit das Gedächtnis beansprucht. Es hat mehr mitzunehmen, beginnt das erste Bild u. U. doch schon beim Neu- oder Ungeborenen, wenn ich die Ultraschallbilder mit einbeziehe. Wieviel geht also vom Bild ohne Textstütze dem Gedächtnis verloren, meist vom Schönsten des Lebens. Fotoalben, Dias oder Filme überraschen immer wieder mit fast vergessenen Erlebnissen. Man weiß von ihnen kaum noch mehr, als das bloße Bild verrät. Wie wenig erst könnten interessierte Nachgeborene mit solchem Material anfangen.
Mein erstes und einziges Bild aus der Ollendorfer Zeit, zeigt mich mit meiner Zuckertüte in der Nähe des Ollendorfer Schulgebäudes. Was bliebe mir, hätte ich außer den wenigen Fotos nicht noch so viele Gedächtnisbilder bzw. Erinnerungen aus dieser schönen Zeit?
Genanntes Foto von mir und die wenigen von Mutter und Vater ergäben nicht einmal ein Album. Und wenn? Meine Kindheit erstände darin wohl nicht so, wie sie in mir nachklingt, eben in Bildern eigenster Wahrnehmung.
Mit meinem Vorhaben entspreche ich meinen eingangs gegebenen Rat. Gewichtigere Anstöße konnten einst Goethe und Werner von Siemens angeben, die ich als Beispiele unter vielen anderen bringe. Ihnen wurde angetragen, über ihr Leben zu schreiben. Die Bekanntheit ihrer Namen durch außergewöhnliche Lebensleistungen forderte das geradezu heraus. Bei Goethes Werken, als gut Teil literarischer Weltkultur, interessierten die Anregungen verschiedener Lebensstationen auf sein dichterisches Wirken. Er begann mit Erinnerungen an seine Kindheit, Jugend, sein Elternhaus, über das lebendige Frankfurt usw. bis zu seinem Aufbruch nach Weimar. Auch seine Erinnerungen an bedeutende Personen, die ihn auf seinen Lebensstationen begegneten, bezog er ein. Es sind weitere wertvolle Zeitzeugnisse als vierbändiges Werk „Dichtung und Wahrheit“, dass er 1829 begann und im Jahr vor seinem Tode abschloss (gest. 22. März 1832).
Werner von Siemens dagegen (geb. 6. Dez. 1892), begab sich nach eigenen Worten mit seiner Lebensgeschichte, betitelt: „Mein Leben“ in ein ihm nicht sehr geläufiges Metier. Nun, mir ergeht es ähnlich. Doch jede Kindheit, jede Jugend ist eine schöne Einmaligkeit, gibt an sich Grund, sie festzuhalten, ob ihr dann große Lebensleistungen folgen oder nicht.
Kindheit, mit ihren Naivitäten, Leichtsinn, ihrer Neugier auch, lässt sich ohne viel Bedenken offen legen. Fern genug ist sie ohnedies. Nahe zu verklärt also, erstehen Eltern, Verwandte, Spielgefährten, Nachbarn und ein wenig Lokalcolorit noch einmal auf. Ich denke, es wäre gut, käme das auch an die Nachfahren, da sie durchaus etwas finden könnten, worin sich in gewissen Zügen ihr eigenes Ich und ihre eigene Zeit findet. Die Veränderungen legen ja die Spur zu ihnen und ihrer Welt, eine mit veränderten Prämissen, im Grunde doch immer dieselbe aber nicht die gleiche. Was diese Veränderungen betrifft lässt sich sagen: „ein jeder, nur zehn Jahre früher oder später geboren, dürfte was seine eigene Bildung und seine Wirkung nach außen betrifft, ein ganz anderer geworden sein“ (Goethezitat). Zehn Jahre sind wenig, aber Generationensprünge?

Mit der Flüchtigkeit der Zeit wird besonders das Alter konfrontiert, da es zum Rückblick neigt. Es geht ihm wie einen Wanderer, der sich nach einem langen Weg kurz vorm Ziel noch einmal umwendet. Aber er hat eine Menge an Gedächtnisbildern, wenn viele auch schon verschwommen und andere völlig entfallen sind. Die Bild für Bildschau (slide-show) im Kopf braucht Zeit und Lücken werden bleiben, wenn auch noch Bilder aus den Tiefen der Erinnerung nach kleckern. Was soll da auch alles auferstehen: Kindheit, Jugend mit Schul-, Lehr- und Studentenzeit, Arbeits- und Familienleben in Friedens- und bzw. oder Kriegszeiten, soweit wahrgenommen auch Politisches, Geschichtliches, Kulturelles, auch was an wissenschaftlich-technischem Fortschritt im Leben interessiert hat. Alles mit einer riesigen Menge von Inhalten, deren gedankliche Ordnung und Verarbeitung erst einmal geleistet werden muss, wobei sich am Ende durch Hinter- oder Erfragen noch einst entgangene oder auch bis dato völlig unbekannte Bilder eröffnen.
Die Frage „Wo ist die Zeit hin“, hat etwas gemein mit der Frage: „Wo ist das Geld hin“, die jeweiligen Antworten auch. In Bezug auf Zeit ist es die Menge der Bilder, die man passieren lässt, bei einer leeren Geldbörse oder Haushaltskasse, sind es die Ausgaben.
Gab man nur für notwendigen Lebensbedarf oder auch für „bleibenden“ materiellen Besitz aus. Um letzteren katzbalgen sich vielleicht die Erben? Vielleicht steckte man in Bildung und Erbauung oder auch in Reisen? Das kann Reichtum an inneren Werten (Wissen, Moral, Ethik) sein, um sie anderen mitzuteilen. Aus der Reihe der Humanisten wähle ich J. W. von Goethe und aus jener der Erfinder Werner von Siemens. Ersterer diente mit seinem an Bildungs- und Humanwert noch heute und in ferner Zukunft unbezweifelbaren, weltweit verbreiteten Schriftbänden. Zweiterem verdankte man zumindest die Erfindung der ersten Dynamomaschine (1866), die Guttapercha-Isolierung (1874) und die Gründungen einschlägiger Fabriken, die seinen Namen tragen oder mittragen. So stellte eines dieser Werke der Welt die erste elektrische Bahn vor, den ersten elektrischen Aufzug und ein anderes Werk die moderne Kabelverseilmaschine. Was ihr Lebenswerk betrifft, lässt sich sagen, was Gott schon am fünften Tages der Erschaffung der Welt sagte: „Und siehe da, es war sehr gut“.
Der Hauptmann von Köpenick in spe hätte auf Gottes Frage: „Was hast du gemacht in deinem Leben?“ leider die Antwort: „Fußmatten, nur Fußmatten“ geben können. Falstaff, hätte auf seinen Bierbauch verweisen müssen und manche auf ihr Fett und die kostenreichen Bemühungen, es los zu werden. Vielleicht sollte gefragt werden: „Was hast du erlebt die vielen Jahre?“
Da kann ich von meinen mir Lieben und Teuren, meinen Erinnerungen reden. Sie begannen, als noch die Sense rauschend durch die Halme schnitt, Ochse oder Pferd noch die Erntewagen der Einzelbauern zogen. Mähbinder und Zugmaschine hatte gewiss noch kein Ollendorfer Bauer, auch keiner in den Dörfern meiner Verwandtschaft. Je mehr des Einst sich da heute noch vergegenwärtigen lässt, umso besser beantworte ich mir die Frage, wo die Zeit hin ist.
Riesig sind die Unterschiede zum Heute und selbst in der Gegenwart klaffen sie. Da hat zum Beispiel das Alter, hinsichtlich mancher Anschauung der Gegenwart, des Zeitgeschmacks, der Sitte und Lebensweise Bedenken, während der Jugend allles nur recht und billig ist. Sie kennt es nicht anders, kann also alles nur aus ihrer momentanen Perspektive sehen und beurteilen. Ältere sehen auch aus dem Blickpunkten früherer Erfahrung, wenn sie nicht vergesslich sind, also aus mehreren Perspektiven, nicht platt und eindimensional.  Begründet sich das Jetzige dem bedenkenden Alter immer, da es Gewohntes und Bewährtes nicht einfach wegwirft? Es gleicht wohl Bauern alten Schrot und Korns. Sie fühlten sich im Hergebrachten sicher, ein wohl schon vergehender, aber begründeter Grundzug seines Wesens.

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